„Ich gehe jeden Tag mit Begeisterung und großem Glücksgefühl ins Rathaus“

OB Knecht zieht nach vier Jahren Halbzeit-Bilanz – Modernisierung der Verwaltung, Klimawandel und Sozialer Zusammenhalt als Top-Themen bis 2027

Am 1. September ist die erste Hälfte von Dr. Matthias Knecht als Oberbürgermeister der Stadt Ludwigsburg vorbei. Nach vier Jahren im Amt blickte der Rathauschef zurück, um ein Zwischen-Fazit zu ziehen. In einer Halbzeit-Bilanz auf Rädern führte der OB die Presse im Mannschaftswagen der Feuerwehr zu Stationen der städtischen Tätigkeit, die Matthias Knecht besonders wichtig sind. Fern ab aller Themen steht für ihn aber fest: „Ich gehe jeden Tag mit Begeisterung und großem Glücksgefühl ins Rathaus. Ich empfinde weiterhin viel Freude an der Arbeit, auch in dieser für uns alle nicht leichten Zeit“, betont der OB.

Einen Wagen der Feuerwehr hat sich OB Knecht bewusst ausgesucht. Erstens leiste die Feuerwehr – in Haupt- und Ehrenamt – jeden Tag Großartiges zum Schutz der Bürgerschaft in der Stadt. Und zweitens: Nach einer kurzen Phase des Einfindens ins Amt kam auch er sich in den letzten vier Jahren wie einer vor, der Brand um Brand löschen musste: Corona-Pandemie, Haushalts-Konsolidierung in den Jahren 2020 und 2021, Ukrainekrieg, Energie-Krise und Klimafolgenanpassung.

Tour auf Rädern: Sternkreuzung als erste Station

Für seine Tour auf Rädern wählte er als Startpunkt die Sternkreuzung. „Alle bisherigen Gutachten zu einem Kreisverkehr kamen zu dem Ergebnis: Das funktioniert nicht“, so der OB. Doch siehe da, die Testphase legte ein anderes Ergebnis nahe. „Wir müssen immer wieder den Mut haben, Dinge auszuprobieren, auch auf die Gefahr hin, dass am Ende ein Scheitern steht. Kommunalpolitik muss auch überraschende Wege wählen, sonst führt sie zum Stillstand oder Rückschritt“, ist seine Überzeugung nach vier Jahren. „Wir müssen weg von den bürokratisch langwierigen Prozessen. Wir müssen Verwaltung neu denken. Sie muss einfacher werden, schneller und weniger perfekt.“  

Die Jubiläumstafeln des Deutsch-Französischen Instituts (DFI) auf der Sternkreuzung stehen für OB Knecht für eine äußerst erfolgreiche internationale Wahrnehmung der Stadt Ludwigsburg. Dazu gehörten die neue Städtepartnerschaft mit Bergamo, die Pflege der Freundschaft mit der französischen Partnerstadt Montbéliard, die Feierlichkeiten zu 60 Jahre „Rede an die deutsche Jugend“ von Charles de Gaulle und das 75-Jahr-Jubiläum des DFI mit dem Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Ludwigsburg.

Die Sternkreuzung lasse aber auch den Blick auf den Rathaus-Campus zu, das Herzstück der Stadtverwaltung, wenngleich die vielen Außenstellen wie Kinder- und Familienzentren, Technische Dienste oder Feuerwehr ebenfalls ganz wichtige Teile der Stadtverwaltung seien, so der OB. Und schließlich sei von der Sternkreuzung der Blick auf Scala und Forum frei, zwei bedeutende Orte für das städtische Kulturleben. „Scala-Programm, Ludwigsburger Schlossfestspiele und Forum-Spielzeit sind nur drei von vielen prägenden Kulturangeboten in Ludwigsburg, aber sie symbolisieren die unglaubliche Kraft und Vielfalt des kulturellen Lebens in Ludwigsburg“, so Knecht.

Unverzichtbare Leistungen der Stadtverwaltung

Die zweite Station führte zum Klärwerk in den Stadtteil Hoheneck. Für den OB ein beeindruckendes Beispiel, zu welch unverzichtbaren Leistungen einzelne Fachbereiche oder Einheiten der Stadtverwaltung imstande seien, die eben gerade nicht im Mittelpunkt der Öffentlichkeit und der Presse stehen. Das Klärwerk ist nur eines von drei – neben Eglosheim und Poppenweiler. „Hier wird der Dienst an den Menschen und der Gesellschaft sichtbar, aber auch Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Innovationskraft der Stadt“, betont OB Knecht.

Als dritten Stopp wählte der Oberbürgermeister die Schulkindbetreuung im Schlösslesfeld. „Bildung und Betreuung sind für den sozialen Zusammenhalt, die Stärke unserer Wirtschaft und die Zukunft unserer Gesellschaft der entscheidende Faktor. Dazu leisten unsere Teams in Schulen und Kindertagesstätten einen herausragenden Beitrag“, so der Oberbürgermeister im Rahmen der Rundfahrt.

Wirtschaftsförderung mit großer Intensität

Danach ging es als vierte Station in die Mörikestraße zum Neubauvorhaben der Firma Stihl. Das Bekenntnis namhafter Unternehmen wie Stihl, Lapp, Porsche, MHP, Roche und Goetze Armaturen zeige die Attraktivität der Stadt Ludwigsburg für die Wirtschaft und steigere auch deren Stabilität, wenn es um Arbeitsplätze gehe, unterstreicht der OB. „Seit meinem Amtsbeginn haben wir Wirtschaftsförderung mit großer Intensität betrieben, mit wöchentlichen Firmengesprächen, dem Corona-Aktionsprogramm oder bei Bauvorhaben in der Betreuung durch unser Team. Das ist mir sehr wichtig, weil genau das im Wahlkampf im Jahr 2019 in Frage gestellt wurde. Jetzt zahlen uns die Firmen den Vertrauensbeweis in schwierigen Zeiten zurück. Das ist großartig.“

Wenige Meter weiter besuchte der Oberbürgermeister als fünfte Station die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) und die Technischen Dienste Ludwigsburg (TDL). Er betonte den Vorbildcharakter der Stadtwerke als interkommunales Projekt mit hochinnovativen Lösungen für Energiewende und städtische Breitband-Versorgung. Dabei seien die SWLB aber weiterhin auch zuverlässiger Versorger mit Gas, Wasser und Strom, aber eben inzwischen viel mehr. „Die Bedeutung unserer Stadtwerke kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, sie sind Treiber für Digitalisierung und Energiewende und überzeugen mit vielen kreativen und zukunftsweisenden Ideen.“

Engagement für Energiewende, Wohnbau und die Sauberkeit der Stadt

Die Technischen Dienste Ludwigsburg leisteten jeden Tag einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander, egal ob mit der Sauberkeit von Straßen und Plätzen, dem Vorbereiten von Stadt- und Stadtteilfesten, mit der Pflege von Grünanlagen oder der Instandsetzung des städtischen Fuhrparks. „Ich bin dem Team der TDL sehr dankbar, denn es gibt jeden Tag 150 Prozent für unsere Stadt, auch wenn es nicht immer angenehm ist.“

Letzte Station der Tour auf Rädern war die Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL). Auch das Thema Wohnen sei in den ersten vier Jahren zentrales Thema gewesen, bleibe aber weiterhin ein Dauerbrenner. „Die WBL ist nicht nur die gelebte Mietpreisbremse, sondern treibende Kraft in Sachen nachhaltiges und innovatives Bauen. Wir sind stolz auf das Team der WBL.“ Zudem nehme sie ihren sozialen Auftrag sehr ernst, wie die Bauprojekte in der ganzen Stadt zeigen würden. Dabei hob Knecht vor allem das Projekt Grünbühl.living mit 420 neuen Wohneinheiten hervor. Aber auch die Vorhaben Schauinsland, Jägerhofquartier, Albert-Schweizer-Straße und Gämsenberg seien bedeutsame Projekte der WBL.

Während der Fahrt und beim abschließenden Gespräch ging Knecht auf die bisherigen Stationen seiner Amtszeit ein und wagte den Blick auf die nächsten vier Amtsjahre:

Corona-Pandemie als erste Herausforderung

Zu Beginn prägte die Corona-Pandemie die Entscheidungen des Oberbürgermeisters und des Gemeinderats. Knecht lobte das Vertrauensverhältnis mit dem Gremium, das nicht nur während Corona getragen habe. Als man das Ende der Pandemie im Blick zu haben schien, begann im Februar 2022 der brutale Angriff Russlands auf das Nachbarland Ukraine. Und damit stand die Stadt Ludwigsburg vor einer erneuten Herausforderung ungekannten Ausmaßes. „Während meiner bisherigen Amtszeit hatte ich aber das Privileg, mit einem unglaublichen Team arbeiten zu dürfen, insbesondere während der Corona-Pandemie. Das positive Wirken zwischen der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat, den Vereinen und den sozialen Institutionen war beeindruckend und über alle Maßen hilfreich“, blickt der OB zurück.

Für den OB sind die Corona-Soforthilfe mit dem Nothilfefonds und dem Aktionsprogramm für den Einzelhandel wichtige Beispiele dafür, was eine Kommune für den sozialen Zusammenhalt tun könne. „Auf die durch den Ukraine-Krieg entstandene Energiekrise reagierten wir ebenfalls mit einer Soforthilfe und dem Energieeinsparplan gemeinsam mit unseren Stadtwerken.“ Der soziale Zusammenhalt werde angesichts steigender Zahlen der Geflüchteten auch künftig eine zentrale Herausforderung für die Ludwigsburger Kommunalpolitik und die Stadtgesellschaft bleiben, und damit auch für seine Tätigkeit als OB, so Matthias Knecht. Das Programm „Zusammen gibt Halt“ sei ein weiteres gutes Beispiel für das Miteinander in der aktuellen, nicht einfachen Lage.

Kepler-, Franck- und W&W-Areal als riesige Chance für die Stadtentwicklung

Mit der Nutzung des Franck-Areals und der Einigung zur Entwicklung des Kepler-Areals skizzierte OB Knecht weitere große Aufgaben der Stadtentwicklung, die in die zweite Hälfte seiner Amtszeit hineinreichen. Zudem biete die Entwicklung des W&W-Areals für die Stadt eine Riesenchance in Sachen Gewerbe, Wohnen und Aufenthaltsqualität. „Diese Projekte verhandelt und auf das Gleis gesetzt zu haben, erfüllt mich mit Stolz, jetzt geht es an die Konzeption und Umsetzung.“

Mit der Entsiegelung der Walcker-Parks habe man ein Areal mit Grün, Spielplatz und Sportplatz geschaffen, das ein großartiges Vorbild für die Umgestaltung des Arsenalplatzes darstelle, der eine neue Aufenthaltsqualität bringen und bedeutend für die Hitzeregulierung in der Stadt sein werde, so der OB.

Ziel moderne Verwaltung: unkonventionell, pragmatisch und mutig

Was sind die Schwerpunkte der nächsten Jahre? Sozialer Zusammenhalt, Klimawandel und Modernisierung der Stadtverwaltung mit klarem Konsolidierungsziel sind die Top-Themen. „Dass wir als Vorbild-Kommune für Klimaneutralität bis 2035 ausgezeichnet wurden, ist ein schöner Erfolg. Das Konzept ist stark, aber hat hohe Kosten zur Folge. Es wird ohne die Hilfe von EU, Bund und Land schwer werden“, prophezeit der Oberbürgermeister. Hinzu komme das Thema Bildung und Betreuung als Schlüsselaufgabe. „Die 200 Millionen Euro, die wir mit dem Bildungszentrum West in Bildung, Stadtteilentwicklung und Klimaneutralität investieren, sind nur ein kleiner Teil der anstehenden Ausgaben. Das Thema Modernisierung und Konsolidierung der Verwaltung wird deshalb eine Mammutaufgabe in den nächsten Jahren. Aber darin steckt auch eine große Chance.“

Was heißt für ihn aber Verwaltung modernisieren? Es müssen Prozesse hinterfragt, das Aufgabenportfolio der Stadt verschlankt und Standards vereinfacht werden. „Wir müssen unkonventionell, pragmatischer und mutiger denken.“ Die Digitalisierung habe durch die Corona-Pandemie einen Schub bekommen, müsse aber konsequenter auf allen Feldern umgesetzt werden. Der Arbeits- und Fachkräftebedarf mache es dringend nötig, die Methoden der Personalakquise zu verbessern und mehr in die Bildung des Personals zu investieren. „Unser Personal ist der Schlüssel zum Erfolg. Es wird um Mut, Willen, Leistungsbereitschaft, um Weiterbildung und wertschätzende Arbeitsumwelt sowie um die Schaffung einer neuen Kultur gehen. Eine Kultur nah an der Bürgerschaft und nah an unbürokratischen Lösungen.“ Flexibilität, kurze Wege, pragmatische Entscheidungen und wenige komplexe gesetzliche Vorgaben wünscht sich der OB auch vom Gesetzgeber.

Was hätte der OB anders gemacht aus heutiger Sicht? „Situationen mit hoher Emotionalität, in denen Krieg, Krise, Geflüchtete und wirtschaftliche Herausforderungen zusammentreffen, erfordern eine noch größere Sensibilität im Umgang mit den Menschen. Beim Thema Landeserstaufnahmeeinrichtung hätten die Beteiligten anders kommunizieren müssen“, betont der OB. „Wir hätten gegenüber dem Land stärker darauf bestehen müssen, dass man zuerst in Ruhe mit Asperg, Ludwigsburg, Tamm und dem Landkreis spricht und nicht vorschnell an die Presse geht.“

Rettung der Rockfabrik leider gescheitert

Auch die Absage des Weihnachtsmarktes im Jahr 2021 lässt den OB nicht in Ruhe: „Es war ein sehr trauriger Moment für den zuständigen Eigenbetriebsleiter Mario Kreh und mich, weil wir damit die Existenz einiger Marktbeschicker gefährden mussten und der Bevölkerung die lange ersehnte Hoffnung eines friedlichen Weihnachtsmarktes nach eineinhalb Jahren Pandemie und langer Vorbereitung genommen wurde. Das hat neben Verständnis auch Kopfschütteln und Wut ausgelöst, auch wenn die Absage wegen des Infektionsgeschehens wohl nicht vermeidbar war“, erläutert OB Knecht.

Und klar, es gab auch Dinge, die nicht erfolgreich waren: So sei die Rettung der Rockfabrik leider gescheitert, wenn auch die Hoffnung bestehe, dass im neuen Franck-Areal ein Club oder eine Event-Location unterkomme. Der Bahnhof treibt den OB weiter um. Hier sei man oftmals nur Zuschauer, versuche aber mit dem Eigentümer in München eine gute Lösung zu finden. Und der Bau dreier Sporthallen – eines der Wahlkampfversprechen von Knecht – scheint an den Finanzen der Stadt und am Konsolidierungsdruck zu zerbrechen. „Zumindest die Sporthalle Ost müssen wir aber unbedingt im Herbst 2023 beschließen und für die Mehrzweckhalle in Oßweil und das dortige SKS-Areal zusammen mit dem Stadtteil geschickte Alternativen entwickeln. Auch in diesem Fall kann die Krise eine Chance sein. Mit einer geschickten Kombination aus Sanierung und Quartiersentwicklung kann eine gute Lösung entstehen“, hofft der Oberbürgermeister.

Und was waren die Höhepunkte? Danach gefragt legt sich der OB schnell fest: „Höhepunkte waren meine Rede auf Italienisch im Ratssaal in Bergamo, der Baubeschluss zum BZW und die Teamarbeit im Corona-Krisenstab.“

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