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Ein Haus für Mörike im Arsenalgarten

„ließ, ein Haus für Mörike“

von Claus Staudt

Frühling lässt sein blaues Band

Mitten im Arsenalgarten hinter dem Staatsarchiv in Ludwigsburg steht ein besonderes Kunstwerk: ein Haus, das keines ist. Gebaut aus massiven Eichenbalken, wirkt es zugleich stark und fragil. Es ruht auf vier Steinen, ohne festen Untergrund, und verweigert sich den strengen Linien eines rechten Winkels. Vielmehr deutet es ein Haus nur an – ein Symbol für Heimat, Erinnerung und Vergänglichkeit.

Auf dem Dach liegt schräg in einem Stahlrahmen eine transparente Scheibe. Darauf sind, in aufgeklebter Schrift, die Worte „Frühling läßt sein blaues Band“ zu lesen – ein berühmtes Zitat aus dem Gedicht "Er ist’s" von Eduard Mörike. Die Handschrift stammt vom Künstler Claus Staudt selbst, der in diesem Werk die Literatur und die bildende Kunst zusammenführt.

Der Künstler Claus Staudt, der in Ludwigsburg auf das Mörike-Gymnasium ging, hat in seinem Leben immer wieder Bezug zu Mörike genommen. Besonders geprägt hat ihn ein Besuch des alten Pfarrhauses in Plattenhardt, wo Mörike während seiner Vikariatszeit lebte. Diese Begegnung mit Mörikes Lebenswelt inspirierte Staudt dazu, dem Dichter mit seiner Kunst ein Denkmal zu setzen.

Die Skulptur entstand im Rahmen eines Bildhauersymposiums im Jahr 2001. Die Stadt Ludwigsburg erwarb das Werk 2004 anlässlich des Mörike-Jahres und ließ es im Arsenalgarten aufstellen. Seither dient es als ein Ort der Reflexion und Begegnung, an dem Mörikes Worte lebendig werden.

Durch die Kombination aus natürlichen Materialien, moderner Formensprache und der Einbindung von Mörikes Lyrik ist die Skulptur mehr als nur ein Denkmal. Sie lädt dazu ein, die Verbindung zwischen Kunst, Literatur und der Geschichte Ludwigsburgs neu zu entdecken – ein poetisches Zeichen, das in den Raum und die Zeit hinausweist.

Informationen zum Kunstwerk

Basisdaten

Künstler: Claus Staudt
Titel: „ließ, ein Haus für Mörike“
Entstehung: 2001
Material: Holz, Stein, Stahl und Glas
Maße: ca. 4 m Hoch
Eigentümerin: Stadt Ludwigsburg / Fläche Land Baden-Württemberg

Kontext

Die Skulptur wurde im Jahr 2001 von Claus Staudt während eines Bildhauersymposiums in Plattenhardt geschaffen. Im Rahmen des Mörike-Jahres 2004 erwarb die Stadt Ludwigsburg das Werk und ließ es im Arsenalgarten aufstellen. Bereits 2008 musste die Skulptur jedoch neu gebaut werden, da sie durch Vandalismus stark beschädigt worden war. Nach weiteren Jahren im Freien wurde das Kunstwerk im Jahr 2025 erneut restauriert und umfassend erneuert, um seine ursprüngliche Wirkung und Stabilität wiederherzustellen. So bleibt es weiterhin ein eindrucksvolles Zeugnis der Verbindung von Kunst, Literatur und öffentlichem Raum.

Die Skulptur und das Gedicht

Die Skulptur, verbindet Literatur und bildende Kunst auf einzigartige Weise. Ein zentrales Element ist die transparente Platte auf dem Dach, auf der die Zeile „Frühling läßt sein blaues Band“ aus dem Gedicht Er ist’s von Eduard Mörike angebracht ist.

Dieses Gedicht, eines der bekanntesten Werke der deutschen Romantik, beschreibt die ersten Vorboten des Frühlings mit einer sanften, poetischen Leichtigkeit. Die Zeile steht symbolisch für die Hoffnung und Erneuerung, die der Frühling bringt – für die zarte Verbindung zwischen Natur und menschlicher Wahrnehmung.

Claus Staudt greift diese Atmosphäre auf und übersetzt sie in die Form eines unvollständigen Hauses, das Fragilität und Offenheit symbolisiert. Das Werk lädt dazu ein, nicht nur die physische Präsenz der Skulptur zu erleben, sondern auch über das Gedicht und seine Bedeutung nachzudenken.

Die Kombination aus Mörikes Lyrik und Staudts reduzierter, klarer Formsprache macht die Skulptur zu einem Ort der Reflexion. Sie verbindet auf eindrucksvolle Weise Natur, Literatur und Kunst und ist nicht nur ein Denkmal für Eduard Mörike, sondern auch ein zeitloses Symbol für die Begegnung von Vergangenheit und Gegenwart im öffentlichen Raum.

Der Künstler

Claus Staudt – Künstler des konstruktiven Denkens

Claus Staudt (*1950) lebt und arbeitet in Stuttgart. Der deutsche Künstler bewegt sich zwischen Zeichnung, Skulptur, Installation und Performance und zeichnet sich durch seine experimentelle Herangehensweise sowie die Verwendung vielfältiger Materialien aus. Staudt setzt sich in seinen Arbeiten häufig mit gesellschaftlichen Themen auseinander und integriert sowohl traditionelle als auch moderne künstlerische Techniken.

Seine Werke laden dazu ein, den Raum aktiv wahrzunehmen und neue Perspektiven zu gewinnen. Mit der Skulptur „ließ, ein Haus für Mörike“ im Ludwigsburger Arsenalgarten schuf er ein Werk, das Literatur und Kunst miteinander verbindet. Es zeugt von seiner Fähigkeit, poetische Motive in eine klare Formsprache zu übersetzen und die Betrachter:innen zu Reflexion und Dialog einzuladen.

Standort

Barrierefreiheit

Die Skulptur befindet sich im Arsenalgarten und ist öffentlich zugänglich. Eine barrierefreie Betrachtung ist von den umliegenden Wegen aus möglich. Die Skulptur selbst steht auf einer Wiese, die betreten werden darf. Allerdings könnte der Zugang über die Wiese für einige Personen eine Herausforderung darstellen.

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