75 Jahre Montbéliard und Ludwigsburg
Jubiläum der Städtepartnerschaft
Die Stadt Ludwigsburg ist die erste deutsche Kommune, die nach Kriegsende eine freundschaftliche Verbindung mit einer französischen Stadt eingegangen ist: Die 1950 begonnene Freundschaft wuchs zu einer offiziellen Städtepartnerschaft heran, die am 6. Mai 1962 offiziell beurkundet wurde. Im Jahr 2025 feiern Ludwigsburg und Montbéliard das Jubiläum 75 Jahre ihrer partnerschaftlichen Verbindung.
Die Städtepartnerschaft, die von den Stadtverwaltungen gesteuert wird, gründet auf der Zusammenarbeit einer Reihe von Akteuren. So sind die Schüleraustausche fester Bestandteil der Partnerschaft und haben schon hunderten jungen Menschen das Kennenlernen der Kultur und Sprache ihres Nachbarlandes ermöglicht. Jedes Jahr findet eine Reihe an Sportbegegnungen und gemeinsamen Konzerten statt. Die Vereine Internationale Partnerschaften Ludwigsburg e.V. und Montbéliard Sans Frontière organisieren regelmäßig Begegnungsreisen und ermöglichen somit den Bürger*innen beider Städte, die Vorteile einer Städtepartnerschaft aktiv zu erleben.
Austausch unter Freunden
All diese Begegnungen fördern den interkulturellen Austausch zwischen den Menschen beider Länder und leisten damit einen aktiven Beitrag zur deutsch-französischen Freundschaft. Es ist das ehrenamtliche Engagement der Vereine, Schulen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, sowie von Bürger*innen beider Städte, welches die Partnerschaft zwischen Ludwigburg und Montbéliard mit Leben füllt und sie so vielfältig und erlebbar macht.
Das 75-jährige Jubiläum dieser besonderen Freundschaft wird in beiden Städten über das Jahr mit einer Reihe an Veranstaltungen gefeiert. Am Donnerstag, 8. Mai 2025 wird im Rahmen der Feiern des Kriegsendes in der Stadt Montbéliard ein offizieller Festakt zu Ehren der Partnerschaft stattfinden. Am Freitag, 9. Mai 2025 findet in Ludwigsburg die Stadtgründungsfeier statt, gemeinsam mit einem offiziellen Jubiläums-Festakt, zu dem neben den ehrenamtlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren auch politische Vertretungen der Landes- und Bundesebene eingeladen werden.
Historische Verantwortung
Deutschland und Frankreich blicken zugleich auf viele Jahre enger freundschaftlicher Verbundenheit zurück. Im Jahr 2025 feiert Europa 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs – ein historisches Datum. „War es gestern unsere Pflicht, Feinde zu sein, Ist es heute unser Recht, Brüder zu werden.“ Dieses Zitat von Carl Zuckmayer erwähnte der damalige französische Staatspräsident Charles de Gaulle während seiner Deutschlandreise im Jahr 1962, bei der er auch seine historische „Rede an die deutsche Jugend“ im Ludwigsburger Schlosshof hielt.
Veranstaltungen im Festjahr 2025
Die Jubiläumsveranstaltungen zur deutsch-französischen Städtepartnerschaft mit Montbéliard werden durch das Referat Stadtentwicklung, Klima und Internationales federführend koordiniert und gemeinsam mit Mitarbeitenden mehrerer Fachbereiche und anderen Akteuren der Ludwigsburger Stadtgesellschaft umgesetzt. Die Events zielen darauf ab, Begegnungen zwischen Bürger*innen beider Länder zu ermöglichen. So wird es gemeinsame Sportveranstaltungen und Musikauftritte geben wie auch organisierte Städteausflüge. Alle Interessierten können dabei die geschichtlichen Hintergründe und den Werdegang der Städtepartnerschaft näher kennenlernen.
Hie finden Sie Informationen zu den Feierlichkeiten der Städtepartnerschaft im Jubiläumsjahr:
- Im Frühling sind zum Beispiel eine kulinarische Themenwoche in der städtischen Kantine und ein Stadtgespräch im MIK im Ludwigsburg Museum geplant.
- Am 8. Mai findet der Festakt in Montbéliard zum historischen Jahrestag, dem Ende des Zweiten Weltkriegs statt, eine Delegation aus Ludwigsburg nimmt teil.
- Am 9. Mai ist der Festakt in Ludwigsburg im Rahmen der Stadtgründungsfeier im Schloss mit einer großen Delegation aus Montbéliard.
- Im Sommer sind Schüleraustausche mit einem Sonderprogramm für die Schülergruppen geplant, sportliche Events wie ein Bouleturnier und der Barocklauf mit beteiligten Läufer*innen aus Montbéliard und andere gemeinsame Turniere Ludwigsburger Vereine.
- Zu einem Sommercamp mit jungen Musiker*innen und dem Orchestre Victor Hugo in Montbéliard sind auch Jugendliche aus Ludwigsburg eingeladen.
- Als Jahresabschluss sind eine musikalische Veranstaltung und ein Besuch aus Montbéliard in der Stadt und auf dem Weihnachtsmarkt geplant.
Die genauen Daten der Veranstaltungen werden bald hier auf der Webseite veröffentlicht und fortlaufend aktualisiert.
Geschichte der Städtepartnerschaft
600 Jahre "Mömpelgard" und Württemberg
Nicht nur in Ludwigsburg, in ganz Württemberg ist Montbéliard seit mehreren Jahrhunderten präsent – wenn auch meist in der deutschen Verballhornung „Mömpelgard“. Die Partnerschaft zwischen der französischen Stadt Montbéliard und der baden-württembergischen Stadt Ludwigsburg ist der vorläufige Abschluss einer mehr als 600jährigen Beziehung, die im Jahr 1397 mit dem Heiratsvertrag zwischen Henriette von Montfaucon und Graf Eberhard IV. von Württemberg begann. Ludwigsburg existierte im Mittelalter zwar noch nicht, aber die älteste französisch-deutsche Städtepartnerschaft schließt an die über Generationen zurückreichende Beziehung zwischen Württemberg und Montbéliard an.
Bürgermeister Tharradins Initiative zur Versöhnung
Die materiellen und geistigen Zerstörungen, die das nationalsozialistische Deutschland in Frankreich und fast ganz Europa hinterlassen hatte, lagen gerade erst fünf Jahre zurück, als beim dritten Treffen der Internationalen Bürgermeisterunion im Juni 1950 in Stuttgart der Montbéliarder Bürgermeister Lucien Tharradin die Initiative zur Versöhnung ergriff. Sicherlich war es auch etwas dem Zufall geschuldet, dass der Widerstandskämpfer Tharradin gerade Ludwigsburg beziehungsweise dessen Oberbürgermeister Elmar Doch und nicht wie ursprünglich geplant Freiburg die Hand reicht. Andererseits geschah dies auf Vermittlung des Leiters des Deutsch-französischen Instituts, Fritz Schenk, dessen Forschungseinrichtung 1948 in Ludwigsburg von ihm selbst sowie Theodor Heuss, Carlo Schmid und Alfred Grosser gegründet worden war.
Fußballspiele und Schüleraustausch
Aus dieser Anfangszeit gibt es nur wenige Quellen und schon gar keine offizielle Vereinbarung zwischen den beiden Kommunen. Lucien Tharradin trug dem Gemeinderat in Montbéliard im August 1950 seine Absicht, eine Partnerschaft mit einer deutschen Stadt einzugehen, vor und bekam Geld für eine Reise nach Ludwigsburg bewilligt. Am 20. September 1950 war er erstmals in Ludwigsburg zu Besuch. In der Folge kam es zu Kontakten der Menschen auf sportlicher und schulischer Ebene: eventuell ein Schüleraustausch (der nicht sicher belegt ist) sowie mehrere Fußballspiele. Auch wenn es wohl keine offiziellen Dokumente aus dieser Zeit gibt – der seit 1950 begonnene interkommunale Austausch ist die älteste französisch-deutsche Städtepartnerschaft. Sie basiert auf der Überlegung, dass ein friedliches Europa nicht nur durch die Aussöhnung zwischen den obersten Repräsentanten der Staaten erfolgen kann, sondern auch und vor allem des Austausches zwischen den Menschen, die in diesen Staaten leben, bedarf.
Partnerschaftsurkunde am 7. Mai 1962
Nach diesem verheißungsvollen Anfang ließ der Eifer auf beiden Seiten merklich nach und geriet beinahe in Vergessenheit. Zwischen 1951 und 1957 gab es keinen offiziellen Austausch zwischen den Städten. Der spätere Bürgermeister André Lang berichtete, er habe erst Mitte der 1950er Jahren von der Partnerschaft Kenntnis erlangt. 1958 sondierte Oberbürgermeister Robert Frank, ob an einer Fortsetzung der Kontakte noch Interesse bestünde. Nach einer positiven Rückmeldung stattete er den französischen Partnern einen erneuten Besuch ab. Hierbei erklärte er, dass es zukünftig in Ludwigsburg eine Mömpelgardstraße gegeben solle. Im Gegenzug vollzog Montbéliard die Benennung einer Straße und einer Brücke nach Ludwigsburg. Die partnerschaftlichen Bande bekamen durch diesen Besuch über die Jahre mehr Kontinuität, die in der Unterzeichnung einer ersten offiziellen Partnerschaftsurkunde am 7. Mai 1962 mündeten (die schon einen Tag vorher bei einem kleinen Festakt unterschrieben wurde). Bezeichnenderweise ist auf der Urkunde zwischen den beiden Stadtwappen das württembergische Wappen abgebildet - als Bindeglied für die jahrhundertealte Beziehung zwischen beiden Regionen.
Krise und Zweifel an Aussöhnung
Eine schwere, wenngleich einmalige Krise der partnerschaftlichen Beziehung rief 1966 die unter reger Anteilnahme stattfindende Beerdigung des SS-Offizier Josef „Sepp“ Dietrich hervor. Mehrere tausend Menschen, die größtenteils nicht aus Ludwigsburg kamen, wohnten der Beerdigung mit großem nationalsozialistischem Pomp auf dem Ludwigsburger Neuen Friedhof bei. Die französische Öffentlichkeit stellten damals zu Recht die Frage, wie ernst die deutschen Aussöhnungsbestrebungen zu nehmen seien. Noch war die Erinnerung an die deutsche Besatzung sehr präsent. Der damalige Bürgermeister und Mitglied der Résistance André Boulloche hatte fast seine ganze Familie in Konzentrationslagern verloren und sagte einen unmittelbar bevorstehenden Besuch in Ludwigsburg ab. Allerdings erfolgte die Diskussion in Frankreich sehr differenziert. In Montbéliard selbst schien man Ludwigsburg glücklicherweise nicht mit den nationalsozialistischen Sympathisanten gleichzusetzen. Vor allem die Besonnenheit der französischen Seite und der 1968 neu gewählte Oberbürgermeister Otfried Ulshöfer konnten mittels Gesprächen die Wogen glätten sowie eine dauerhafte Normalisierung der Beziehung erreichen.
Bildungspartnerschaft und gemeinsame Aufarbeitung
Das Rückgrat der Städtepartnerschaft waren und sind die Stadtoberhäupter und ihre Verwaltungen. Die Impulse, die von den Bürgermeistern und ihren Mitarbeitenden initiiert wurden, zeigen sich in vielen Bereichen, besonders in Form der regelmäßigen gegenseitigen Besuche. Als „Dauerbrenner“ erwies sich der Austausch zwischen den Schulen. Inzwischen ist dieser sogar durch eine Bildungspartnerschaft zwischen Schulen aus beiden Städten institutionalisiert. Gedenkfeiern anlässlich der beiden Weltkriege oder der berühmten Rede Charles de Gaulles in Ludwigsburg wurden unter Einbeziehung vor allem der jungen Menschen aus beiden Ländern gemeinsam gestaltet. Erwähnt seien hier beispielhaft die von der Firma Mann+Hummel unterstützte Aufarbeitung von Feldpostbriefen aus dem Ersten Weltkrieg oder das Projekt „Europa nur mit uns!“, das in der „Ludwigsburger Initiative“ Handlungsempfehlungen für aktuelle und zukünftige globale Herausforderungen erarbeitete.
Projekte für den Frieden - "Europa nur mit uns!"
Auch der gegenseitige Erfahrungsaustausch der Stadtverwaltungen, die sich aus ihrer Verwaltungspraxis berichten, erfolgt immer wieder. In diesem Zusammenhang gestalten auch Gärtner aus beiden Städten seit vielen Jahren jeweils in der anderen Kommune publikumswirksam Gartenanlagen im öffentlichen Raum. Gemeinsam produzieren Montbéliard und Ludwigsburg einen Wein, der bei besonderen Anlässen verschenkt wird. Ludwigsburger Weinstöcke, die auf Montbéliarder Gemarkung kultiviert werden, liefern Trauben, die das Ludwigsburger Weingut „Herzog von Württemberg“ ausbaut. Und auch international agieren die beiden Partner gemeinschaftlich: Seit der „Deklaration für Afrika“ 2006 unter Schirmherrschaft des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler gibt es mehrere Entwicklungshilfeprojekte in Burkina Faso, die Ludwigsburg und Montbéliard zusammen betreiben. Auszeichnungen hat das städtepartnerschaftliche Engagement durch zahlreiche Preise erfahren, der prominenteste war 1990 der Adenauer-de Gaulle-Preis. Und dabei spielte es keine Rolle, dass die erste Partnerschaftsurkunde aus dem Jahr 1962 datiert.
"Zuerst ohne Urkunde" - Recherche im Stadtarchiv
Literatur/Quellen: H. Mirek, Deutsch-französische Gemeindepartnerschaften, Kehl 1984, S. 210-256. W. Schmierer, Die Städtepartnerschaft zwischen Mömpelgard und Ludwigsburg nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Württemberg und Mömpelgard, 600 Jahre Begegnung, hg. v. S. Lorenz und P. Rückert, Leinfelden-Echterdingen 1999, S. 459-465. T. Kronsfoth, Ludwigsburg und Montbéliard, Die Entwicklung der ersten Deutsch-Französischen Städtepartnerschaft von 1950 bis 1980, Berlin 2015. H. Schukraft, Die deutsch-französische Städtepartnerschaft zwischen Württemberg, dem Elsass und der Burgundischen Pforte, in: Württemberg und das Elsass: 700 Jahre gemeinsame Geschichte, Ostfildern 2024, S. 107-121.
Artikel von Dr. Simon Karzel, Leiter des Stadtarchivs Ludwigsburg.
Weitere Akteure
Das Deutsch-Französische Institut (dfi)
Das Deutsch-Französische Institut ist ein wichtiger Akteur in den deutsch - französischen Beziehungen und ein wichtiger Partner in der Städtepartnerschaft zwischen Ludwigsburg und Montbéliard. Das in Ludwigsburg ansässige Institut begleitet und gestaltet bereits seit 75 Jahren die deutsch-französische Kooperation in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Ein wichtiges Medium in der historischen Auseinandersetzung mit der Partnerschaft zwischen Ludwigsburg und Montbéliard stellt der digitale Lesesaal mit aktuell über 1.800 Dokumenten zur Entstehung und Entwicklung der Partnerschaft dar. Zudem können sich Interessierte in der virtuellen Ausstellung „Zeitzeugen Ludwigsburg – Montbéliard" mit den Erlebnissen aus der Bevölkerung in Bezug auf die Partnerschaft auseinandersetzen.
Internationale Partnerschaften Ludwigsburg e. V.
Der Verein Ludwigsburg International hat zum Ziel, die Städte- und Klimapartnerschaften der Stadt Ludwigsburg aktiv zu unterstützen und den Bürgerinnen und Bürgern zugänglich zu machen. So finden regelmäßig Reisen für Mitglieder statt, mit dem Ziel, interkulturelle Erlebnisse zu ermöglichen und die Bedeutung der Städtepartnerschaften zu fördern. Die Stadt Ludwigsburg und der Verein treffen sich regelmäßig und planen gemeinsame Aktivitäten und Vernetzungsmöglichkeiten.